Reine Quinten

Geigensaiten werden standardmäßig auf die Töne g, d’, a’ und e’’ gestimmt. Aber wenn man’s genau nimmt, weicht ihre Normalstimmung ein klein wenig von der Stimmung ab, die heute bei Klavieren und vielen anderen Instrumenten üblich ist (gleichstufig temperierte Stimmung). Geigen werden nämlich in reinen Quinten gestimmt:

Zuerst wird die A-Saite auf den Kammerton gestimmt. Der ist auf 440 Hertz normiert, aber die meisten Orchester legen ihn abweichend etwas höher oder tiefer fest. Die E-Saite wird auf die genau anderthalbfache Frequenz der A-Saite gestimmt; normal also 660 Hz. Die D-Saite wird auf eine Frequenz gestimmt, die genau zwei Drittel der A-Saiten-Frequenz beträgt. Die G-Saite wird auf eine Frequenz gestimmt, die genau zwei Drittel der D-Saiten-Frequenz beträgt.

Mit etwas Übung kann man diese anderthalbfachen und Zwei-Drittel-Frequenzen sehr gut ohne Messgerät, nur nach Gehör einstellen, denn sie klingen außerordentlich harmonisch.

Jedoch macht man keinen nennenswerten Fehler, wenn man alle vier Geigensaiten einzeln nach Klaviertönen stimmt, oder zum Geige Stimmen ein handelsübliches Stimmgerät benutzt. Denn der Unterschied zwischen der gleich schwebenden Klavierstimmung und den reinen Quinten beträgt nur zwei Hundertstel eines Halbtons; das fällt kaum ins Gewicht.

Reine Terzen

Eine deutlichere Differenz besteht bei Terzen. Die braucht man zwar nicht zum Geige Stimmen, aber sobald man mehrstimmig spielt, etwa im Streichquartett, im Duett oder mit Doppelgriffen, ist es gut, dies zu berücksichtigen:

Große Terz

Bei modernen Tasteninstrumenten, in gleichstufig temperierter Stimmung, klingen große Terzen so:
[► anhören] Eigentlich sind sie ein bisschen verstimmt. Sie sind ein wenig zu groß geraten. Wir haben uns an den Klang gewöhnt, aber harmonischer würden sie klingen, wenn man sie ein wenig enger machte, so dass sie eine reine Terz ergeben:
[► anhören] Bei Tasteninstrumenten kann man die Terzen nicht so rein einstellen, weil dann viele andere Abstände nicht mehr stimmen würden. Mit der Geige jedoch sind wir flexibel: Hier können wir den Zusammenklang verbessern, indem wir den höheren Ton einer großen Terz etwas tiefer greifen, oder den tieferen etwas höher. Auf dem Violinengriffbrett beträgt der Unterschied zwischen temperierter und reiner Terz bis zu 3 mm.

Kleine Terz

Kleine Terzen klingen auf modernen Tasteninstrumenten, in gleichstufig temperierter Stimmung so:
[► anhören] Auch sie sind eigentlich ein bisschen verstimmt; sie sind ein wenig zu klein geraten. Harmonischer klingen sie, wenn man ihren Abstand etwas größer macht, also den höheren Ton noch etwas höher, oder den tieferen Ton noch etwas tiefer:
[► anhören]

Reine Sexten

Dasselbe wie für Terzen gilt auch für Sexten: Große Sexten klingen harmonischer, wenn man sie etwas enger macht, kleine Sexten klingen besser, wenn man sie etwas weiter macht.

Verweise

Ob ein Intervall rein oder leicht verstimmt ist, kann man gut anhand des mitklingenden Differenztons feststellen.
Wikipedia erklärt beim Stichwort Reine Stimmung ausführlich die zugrunde liegende Theorie.
Siehe auch: Pian-e-forte.de/texte/01inton.htm – eine Aufklärung zum Thema „reine Stimmung“